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Kindergedichte und Gedichte über Kinder | Martina Müller
 
Der Zettelkrieg


Im Alltag tobt der Zettelkrieg besonders gnadenlos,
hier lag doch eben noch mein Schriebs, verflixt, wo ist der bloß?
Den hat doch einer angepackt; denn er ist nicht mehr dort,
ist hier nicht, da nicht und ich seh ihn gar nicht ! Er ist fort!
Der Hilfeschrei ist spitz und laut und trifft sehr hart mein Ohr;
Oh Mami, stimmts, du kannst das doch, du zauberst ihn hervor!
        Das kenn ich aus Erfahrung, weil jeder zu mir kraucht,
        der gar zu faul zum Suchen ist, aber etwas braucht.

Mathias zur Berichtigung die Mathearbeit jagt:
Ganz steif und fest - "Sie war hier drin!- " hat er sein Leid geklagt.
Er suche schon drei Stunden lang und gäbe es jetzt auf,
die schlechte Note morgen früh, die nähme er in Kauf.
Es sei denn, ich erbarmte mich und hätte ne Idee,
das beste wäre, wenn ich gleich die Arbeit liegen säh’!
        Das kenn ich aus Erfahrung, weil jeder zu mir kraucht,
        der gar zu faul zum Suchen ist, aber etwas braucht.

Oh, meine Lieblingsschuhe - schreit Stefanie entsetzt,
die kann ich gar nicht holen, der Abschnitt fehlt mir jetzt!
Der kleine rote Zettel war an die Tür gepinnt,
von dort fiel er wohl runter, das war bestimmt der Wind!
Auf dem Teppich liegt er nicht, wo der sich wohl verkroch?
Vielleicht entfleuchte er geschickt durch das Schlüsselloch...
        Das kenn ich aus Erfahrung, weil jeder zu mir kraucht,
        der gar zu faul zum Suchen ist, aber etwas braucht.

Wo ist denn der Artikel, der aus dem Tageblatt,
den ich gleich nachher brauche und ausgeschnitten hatt'?
Ich wollt ihn noch mal lesen, die Zeit ist jetzt schon knapp.
Wenn ich den Vogel finde, na der kriegt noch was ab,
der ist wie eine Elster und hat ihn sich gediebt.
Na wart, wenn ich dich kriege! Du bist jetzt unbeliebt!
        Das kenn ich aus Erfahrung, weil jeder zu mir kraucht,
        der gar zu faul zum Suchen ist, aber etwas braucht.

Der Hund ist nicht viel besser auch, obwohl er ruhig liegt,
er grummelt nur so vor sich hin, als wäre er besiegt
von Spiel und Jagd, vom Tageslauf. Verdächtig, so geduckt!
Ich wundre mich und habe drum genauer hingeguckt.
Der Bösewicht hat meinen Schuh, den besten, jetzt erwischt,
er beißt drauf rum als fände er in seiner Kiste nischt.
        Das kenn ich aus Erfahrung, weil jeder zu mir kraucht,
        der gar zu faul zum Suchen ist, aber etwas braucht.

Im Flur lag jetzt ein Zettel und drauf ein Lineal.
Das war ein Licht im Chaos, ein heller Sonnenstrahl:
Ganz krakelig geschrieben mit ungeübter Hand:
"Für meine liebe Mami..." dort auf dem Blättchen stand -
und "ich habs angetackert, damit es nicht verschwind...!"
Nun freu ich mich, ich habe doch so ein liebes Kind.

        Ich brauch mal nichts zu suchen, wie’s für die Großen Brauch
        nur eines kommt ganz sicher - groß wird die Kleine auch!

Text: © by Martina Müller
 
 
 © Martina Müller / 2009