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Nachdenklich bis ernste Gedichte | Martina Müller
 
Verschlungen


Verschlungen, gewachsen, verbunden,
die ganze Zeit des Gedeihns,
untrennbar durch Jahre und Stunden
und immerfort blieben sie eins.

Die Wurzeln, gemeinsam getrieben,
vom Erdboden aus im Duett;
sie künden vom stetigen Lieben
und sind zueinander nur nett.

Die Blätter der Kronen, sie spenden
mild Schatten gewundenem Stolz;
der streichelt ganz sacht wie mit Händen
über das narbige Holz.

Die Beiden sind nicht zu trennen.
Was wäre denn einer allein?
Verschlungen nur lernt ich sie kennen
vor Jahren im Park-Sonnenschein.

Sie winden grazil ihre Stämme
und geben doch stützend noch frei
einander, dass nie einer Klemme
für jenen anderen sei.

Wenn jemand käme und schlüge
einen der Beiden hinfort,
so bliebe verwachsene Lüge
ohne erklärendes Wort.

Wann immer auch ich sie betrachte
am Parkweg, so in mich gekehrt;
sie rührten mich an und ich dachte,
dass sie ihr Verschlungensein ehrt.

Mein Blick streift sie beim Weitergehen
trotz leisen Bedauerns noch gern.
Ich werde sie Jahr für Jahr sehen,
auch dann, wenn ich ihnen bin fern.


Text und Foto: © by Martina Müller
 
 © Martina Müller / 2009