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Kindergedichte und Gedichte über Kinder | Martina Müller
 
Völlig Verkanntes...


Ein Kind malt still in seiner Kammer
an einem bunten Vorschlaghammer
und daneben, schräg und schief,
ein Kasperpüppchen, das schnell lief;
ganz am Bildrand, liegt mit Mütze
ein Teddybär in dunkler Pfütze.

Oh welcher Schreck, die Mutter sinnt
und will das gar nicht fassen:
ist's denn brutal - dies kleine Kind?
Das kann sie nicht so lassen.

Sie hebt den Finger zum Erklären,
um jedem Anbeginn zu wehren;
sagt ihm mit Tadel in der Stimme,
dass seine Zeichnung eine Schlimme,
und gibt sich Müh, ja, fast sie droht,
denn sie glaubt fest, der Bär sei tot.

Das Kind nutzt eifrig noch den Stift,
will ihn vollendend führen.
Dass Mutters Tadel es nicht trifft,
das kann sie jetzt schon spüren.

» Der Hammer lag im Weg, der bunte,
der Teddy stürzte bei der Runde
und der Kasperschlenkermann
holt ihm schnellstens Hilfe ran,
denn der Teddy weint so sehr,
siehst du nicht das Tränenmeer? «

...und das Kinderhändchen streicht
grad wie selbstvergessen
übers Blatt, ganz federleicht.

» Komm, jetzt gehn wir essen! «

Es stürmt hinaus nach dem Bekenntnis.
und jedermann gewinnt Verständnis,
dass sich nur Interpretationen
mit Wissen um's Dahinter lohnen;
So vieles scheint ganz klar zu sein
und doch ist es nicht wahr, nur Schein.

Die Mutter seufzt tief auf: "Ach, ja.
Ein Brutalo? - Keiner da! "


Text: © by Martina Müller
 

 
 © Martina Müller / 2009