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Naturgedichte | Martina Müller
 
Erinnerung


Vorm Haus der Kindheit wuchs mir eine Linde.
Ihr Laub, es reichte bis ans Fensterbrett.
Froh hat sie sich gewiegt im frischen Winde,
als schüttele sie mir auf mein Federbett.

Die Sonne wärmte ihr die vielen Zweige.
In ihr war Vogellärm und Nestversteck.
Die Bienen summten wie von Brummbassgeige
und flogen reich beladen wieder weg.

Von Blüten war die Luft gefüllt mit Süße,
die mir noch heute im Gedächtnis ruht.
Das sind aus meiner Kindheit stumme Grüße,
die gingen über mir in Fleisch und Blut.

Mit meiner Hand konnt ich das Grün gleich fassen,
dann streifte spielerisch ich manches Blatt.
Hab mit Gedanken niemals losgelassen
und sehe mich noch heute daran satt.

An diesem Fenster hab ich oft gesessen,
den Blick tief in das Lindenlaub gesenkt.
Hab über all die Jahre nicht vergessen
die Ruhe, die die Linde mir geschenkt.

Noch immer fühl ich mich dem Baum verbunden,
muss an ihn denken, wenn ich Linden seh‘.
So nah ist mir Natur in diesen Stunden,
dass ich mich als ein Stück von ihr versteh.

 

Text und Foto: © by Martina Müller
 
 © Martina Müller / 2009